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Kaufen oder warten? Oder lieber doch nicht?
By oliver | April 8, 2009
Seit meinen letzten Gedankengängen zum Thema “Treo-Nachfolger” ist jetzt einige Zeit vergangen, die Grundproblematik ist aber weitestgehend gleich geblieben. In der Zwischenzeit hatte ich aber reichlich Gelegenheit, einen großen Teil der möglichen Treo-Alternativen ausgiebig zu testen (Ja, ich hatte *viel* Zeit…):
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Iphone:Â Immer noch ein geniales Stück Technik und immer noch die Referenz, an der sich alle Touchscreens mit Telefon messen lassen müssen. Die Bedienung ist weitestgehend apple-typisch deppensicher und intuitiv, die Hardware ist hochwertig und fühlt sich auch ebenso an, die Anbindung an Itunes ist (auch wenn ich Itunes eigentlich nicht mag) sehr praktisch. Der ganze Optikfoppel ist natürlich nach wie vor ganz großes Kino: Lagesensoren und Multitouch sind Dinge, die einfach nicht langweilig werden und immer wieder auf neue faszinieren (Und Coverflow ist genial, auch wenn man beim Musikhören nicht ständig aufs Display starrt). Auf der Negativseite habe ich immer noch die fehlende Tastatur (man gewöhnt sich mit der Zeit leidlich an das On-Screen-Keyboard, aber selbst nach gut einer Woche geht das Schreiben nicht so flüssig, wie ich es vom Treo her kenne).Â
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G1/Android: Das Betriebssystem ist vielversprechend, sieht ganz gut aus und wird sicher mal eine große Nummer werden. Die Hardware des G1 hingegen gewinnt bei mir aber keinen Blumentopf: Hat man vor dem Erstkontakt mit dem G1 ein Iphone in der Hand gehabt, bekommt man eine spontane Schüttellähmung: Die Verarbeitung ist gerade mal noch “OK”, die verbauten Materialien fühlen sich billig an und die abgewinkelte Gehäuseform mit dem vorstehenden “Block” am unteren Ende ist einfach nur unpraktisch. Noch dämlicher ist aber, daß zum freilegen der Tastatur (was an sich schon ein Pluspunkt ist) das Display nach oben geschoben bzw. geschwungen wird, der Block mit den Hardwaretasten und dem Trackball aber unten bleibt und beim Schreiben auf der ansonsten ganz passablen Tastatur immer irgendwie im Weg ist. Es ist jetzt nicht so, daß man dadurch beim Schreiben behindert wird, es *stört* mich einfach – ich hatte auch keine Lust abzuwarten, ob ich mich daran gewöhnen könnte, denn das Hauptproblem des G1 (bzw. das Hauptproblem von Android) hat mir die Entdeckerfreude gründlich versaut: Android ist ein Online-Betriebssystem, das praktisch ununterbrochen irgendwelche Daten mit irgendwelchen Google-Diensten austauscht. Wer Google oder deren Datenhunger nicht mag, in Bereichen wohnt oder arbeitet, an denen es keine UMTS-Verbindung gibt oder keine Datenflatrate gebucht hat, sollte um das G1 einen weiten Bogen machen.
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 Symbian S60 (Am Beispiel des Nokia E71): Außerordentlich schickes Gerät, als Treo-Benutzer ist man baff, wieviel Technik in so ein flaches Gehäuse passt bzw. wieviel Platz im Treo verschwendet wurde. Beim E71 stimmt fast alles: Edles und wertiges Gehäuse, unglaubliche Akkulaufzeiten (unglaublich für Treo-Nutzer) und Technik vom Feinsten. Die Tastatur ist als Treo-Umsteiger etwas gewöhnungsbedürftig, nach kurzer Eingewöhnungszeit aber gut bedienbar; die Palm-untypische Belegung der Sonderzeichen macht schon nach ein paar Stunden keine Probleme mehr. Schön ist auch, daß man wirklich alles nach den individuellen Vorlieben konfigurieren kann… wenn man mal durch die mannigfaltigen und teilweise gut versteckten Einstellmöglichkeiten durchgeblickt hat. Das E71 war seit mehr als 10 Jahren das erste Gadget, bei dem ich verschiedene Optionen und Einstellungen nur mit Hilfe des Handbuchs vornehmen bzw. finden konnte (peinlich, ich weiß). Intuitive Bedienung sieht anders aus – ich habe das Gefühl, das E71 ist ein klassisches Handy mit aufgepropften PDA-Funktionen, während  der Treo ein PDA mit nachträglich dazugewurstelter Telefon-Funktionalität ist. Bei mir liegt der Fokus eindeutig auf der PDA-Seite; das könnte jedenfalls erklären, warum mir die Lernkurve beim E71 so steil vorkommt. Trotz aller Erfolgserlebnisse fehlt dem E71 aber etwas, was sich für mich als essentiell herausgestellt hat: Ohne Touchscreen will ich einfach nicht sein. Das Gerät kann noch so toll sein (und UMTS, WLAN und GPS in einem Gerät mit den Maßen des E71 *IST* toll), das E71 und ich werden wohl auch keine Beziehung auf Dauer führen (und ich bemühe mich wirklich).
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Blackberry: der 9000 ist eine eierlegende Wollmilchsau mit dem geilsten Display, daß ich je in einem Smartphone gesehen habe: Hires+ auf der Fläche, auf der das E71 gerade mal QVGA schafft. Alle Superlative, die man an ein TFT-Display vergeben kann, haben hier ihre Entsprechung gefunden! Ansonsten ist der 9000 ein typischer Blackberry mit allen technischen Vorzügen, die man heutzutage so in ein Smartphone bauen kann. Der vielkopierte Trackball ist das ideale Eingabegerät und lässt fast vergessen, daß auch der Blackberry 9000 keinen Touchscreen hat (und damit kein Kandidat für die Treo-Nachfolge ist).
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Palm Pre: Nach wie vor Vaporware. Bis auf ein paar Veranstaltungen, auf denen der Pre herumgezeigt wurde, gibt es nichts wirklich greifbares, was mich darin bestärkt, alle getesteten Treo-Alternativen zu verwerfen, die gekauften Geräte wieder zu verkaufen und auf den Pre zu warten. Die Präsentationen laufen alle nach dem exakt gleichen Schema ab: Ein “Repräsentant” von Palm hält den Pre in eisernem Griff und zieht eine exakt vorgeschriebene Präsentation ohne die geringste Abweichung durch. Die Vorführungen, die ich bisher gesehen habe, sind zwar alle irgendwo beeindruckend; mit etwas Skepsis und Misstrauen könnte man eine solche Präsentation auch mit Powerpoint auf einem TX durchführen – den Unterschied würde vermutlich niemand merken. Diese Sturheit in der Präsentation des Pre und die “No-Touchy”-Direktive lassen mich mehr und mehr daran zweifeln, daß der Pre mit seinem revolutionierenden Betriebssystem in greifbarer Nähe auf seinen Verkaufsstart wartet. Ich glaube zwar nicht unbedingt, daß der Pre das Schicksal des Foleo teilen wird – da wird Sprint als Exklusivpartner wohl nicht mitspielen – ich bezweifele aber mehr und mehr, daß der Pre bei seinem Erscheinen den impact haben wird, den man sich bei der Vorstellung des Pre in Las Vegas noch erhofft hatte. Je mehr Zeit zwischen Vorstellung und Erscheinen vergeht, um so geringer wird der Enthusiasmus, den man in Las Vegas noch überall gespürt hat. Da hätte sich Palm in Sachen Produktpräsentation noch was von Apple abgucken können. Wenn Apple auf einer Keynote ein neues Gadget vorgestellt hat, merkte man das im Vorfeld daran, daß 30 Minuten vorher der Apple-Store offline ging, und man direkt nach der Produktpräsentation das gerade vorgestellte Spielzeug im dann wieder geöffneten Store ordern konnte Von dieser routinierten Perfektion ist man bei Palm noch Lichtjahre entfernt. Leider. Unf ür’s nächste mal: Klappe halten, bis das Ding fertig ist. Das klappt bei Apple jedenfalls seit Jahren ganz ausgezeichnet.
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Fazit: Was ich bisher gesehen habe, könnte der Pre das Smartphone sein, das meinen Treo ersetzen kann. Alle getesteten Alternativen sind bis zu einem gewissen Grad toll, haben aber alle irgendwelche Schwächen, die ich nicht hinnehmen will bzw. müsste ich mir die schöne neue Welt mit Kompromissen erkaufen, die ich nicht eingehen will. Von daher wäre es natürlich sinnvoll, das Erscheinen des Pre abzuwarten und sich erst dann ein Bild von seinen Fähigkeiten zu machen. Andererseits heiße ich aber auch nicht Estragon, Wladimir oder Pozzo und warte bis zum Sankt Nimmerleinstag auf das Erscheinen des Heilands¹.
Für mich hat das Warten hier vorläufig sein Ende; den Verkaufserlös aus meinen “Alternativtests” werde ich in ein schickes Netbook (Asus 1000HE) investieren 😉
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¹Wer “Warten auf Godot” nicht kennt, hier mal ein kleiner Auszug aus der Wikipedia  in freier Interpretation:
“Estragon: Komm, wir gehen!Â
Wladimir: Wir können nicht.Â
Estragon: Warum nicht?Â
Wladimir: Wir warten auf den Palm Pre Godot.Â
Estragon: Ach ja.Â
Bis zum Ende des Stücks wird nicht klar, wer Godot ist und warum genau man auf ihn wartet. Die Wartenden erscheinen damit als Verkörperungen des menschlich-allzumenschlichen Hanges, voll unbestimmter und letztlich unerfüllter Illusionen auf die Ankunft eines Erlösers, eines Propheten oder einer sonstwie heilbringenden Person zu hoffen. Beckett problematisiert und karikiert diesen Hang dadurch, dass er seine Figuren als eher lächerlich erscheinen und sie ihre Zeit mit absurden Diskussionen und belanglosen Aktionen hinbringen lässt.”
(Offenkundige Parallellen zu diversen “Was mache ich nur, wenn der Pre XYZ nicht kann”-Threads bei Nexave lassen den Schluß zu, daß Samuel Beckett Hellseher war oder noch lebt und einen Palm hat)
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Alle Inhalte auf dieser Seite Copyright Oliver W. Leibenguth
Topics: Allgemein | 6 Comments »
April 21st, 2009 at 13:06
Hi Oliver,
schön, dass du wieder aktiv bist.
Aber gleich zum Thema:
im letzten Drittel beim Pre ziehst du den Vergleich zu Apple.
Beim iPhone war es aber auch so, dass das Produkt ein paar Monate vorher angekündigt wurde, beim 1G fast ein halbes Jahr.
Gruß
Karl
April 21st, 2009 at 14:08
Die “Wehen” bis zur Veröffentlichung des ersten IPhones habe ich (zu meiner Schande) nicht so genau verfolgt – bei aktuellen Spielsachen von Apple klappt die Methode aber ganz gut.
April 21st, 2009 at 17:00
richtig, sind aber alles keine Mobiltelefone.
Da will man glaube ich auch den Markt schon vorab blockieren. Manchen kaufen sich dann zu dem Vorstellungszeitpunkt kein anderes und warten auf die Markteinführung.
April 21st, 2009 at 19:22
Stimmt. Das ist eine Möglichkeit, die ich gar nicht bedacht habe. Frühzeitiges Wecken von Begehrlichkeiten ist gut, um die Fanboys bei der Stange zu halten 🙂
Hoffen wir nur, daß Palm sich nicht *zu* lange Zeit nimmt, den Pre endlich auf den Markt zu bringen – die Mitbewerber schlafen schließlich auch nicht.
April 22nd, 2009 at 21:21
Hallo Oliver,
schön, dass du wieder da bist!
Liebe Grüße aus dem Norden 😉
September 23rd, 2009 at 20:13
[…] andererseits. Ich hab micht nach anfänglichen Bedenken um meine smartphonige Zukunft [hier und hier] schon richtig auf den Pre gefreut; die Euphorie, endlich mal wieder was ganz neues anzufangen und […]